Samstag, 14. März 2009

Sport und persönliche Schicksale

Rückblick I: Im ersten deutschen Spiel der Handball-EM 2008 reißt sich Oleg Velyky nach vier Minuten das Kreuzband. Während der EM-Vorbereitung war sein Transfer von den Rhein-Neckar-Löwen zum HSV Hamburg bekannt geworden. Seine Karriere in der Nationalmannschaft wird immer wieder von Verletzungen und Krankheiten zurückgeworfen. Vor der EM 2006 erlitt er im letzten Vorbereitungsspiel einen Kreuzbandriss, bei der WM 2007 hatte er eine Fußverletzung, die einen Einsatz verhinderte. Ungefähr sieben Wochen nach dem zweiten Kreuzbandriss der nächste Schock: Oleg Velyky ist nach 2003 zum zweiten Mal an Hautkrebs erkrankt. Seitdem unterzog er sich nicht nur der Reha, die nach einem Kreuzbandriss normal ist, sondern auch Bestrahlungen und Chemotherapien, um den Krebs wieder zu verjagen. Bis heute hatte er noch kein einziges Spiel für seinen Verein bestritten, weil immer er noch gegen den Krebs kämpft. Auch wenn er heute das erste Mal
einige Minuten für den HSV gespielt hat,
(im Artikel vom Hamburger Abendblatt ist das Jahr falsch angegeben), ist der Krebs immer noch nicht besiegt. Trainer Martin Schwalb begründetete den Einsatz von Velyky mit
der momentanen Personalnot der Mannschaft. Velykys Traum ist dadurch wahr geworden. Er wollte endlich einen Einsatz für diese Mannschaft haben. Schwalb redet davon, dass bald mehr Einsätze folgen werden. Der Artikel vom Hamburger Abendblatt ist da nicht ganz so optimistisch, er redet davon, dass Velyky sich ab der nächsten Woche wieder Chemotherapien unterziehen muss. Wenn man sich jetzt überlegt, dass seit dem Wiederauftreten der Krankheit und dem sofortigen Behandlungsstart schon ein Jahr vergangen ist, hört sich das nicht besonders gut an. Velyky ist zwar ein Kämpfer, das sieht man schon daran, dass er nach den ganzen Verletzungen und auch dem ersten Auftreten des Krebses immer wieder in die Handballhalle zurückgekommen ist. Aber ehrlich gesagt, nach der ersten Freude darüber, dass er in die Color-Line-Arena eingelaufen ist, war ich gerade nach der Lektüre des Artikels aus dem Abendblatt nicht mehr so euphorisch.
Trotzdem scheint Velyky um seine Karriere und sein Leben wirklich zu kämpfen.
Rückblick II: Am 29. August 2008 brach Ümit Özat ohne Einwirkung des Gegners in der 27. Minute des Spiels Karlsruher SC - 1. FC Köln und war einige Minuten bewusstlos. Nachdem er neurologisch und kardiologisch durchgecheckt worden war, stellten Ärzte fest, dass er an einer Herzmuskelentzündung litt und schrieben ihn auf unbestimmte Zeit krank. Ümit wollte nicht auf diese Weise seine Karriere beenden, stellte aber immer wieder heraus, dass ihm seine Frau und die Kinder wichtiger sind als der Fußball. Aber auch weil die Ärzte ihm kein OK gegeben haben, hat Ümit noch nicht wieder mit dem Training angefangen. Offensichtlich haben sich nach der Herzmuskelentzündung einige Narben im Herzmuskel gebildet, die sich bei hoher Belastung zu neuen Entzündungsherden oder einer Quelle für Herzrhythmusstörungen entwickeln könnten. Deswegen hat Ümit heute seine Karriere offiziell beendet. Aber für ein normales Leben ohne zu hohe körperliche Belastung wurde Ümit gesund geschrieben.
Zwei Sportler, zwei menschliche Schicksale, die ein unterschiedliches Ende genommen haben. Oberflächlich gesehen hat Oleg Velyky gewonnen und Ümit Özat verloren. Wenn man aber mal etwas mehr nachdenkt, scheint es für mich gerade umgekehrt zu sein. Oleg Velyky kriegt immer noch Chemotherapien, was bedeutet, dass er immer noch Krebszellen im Körper hat. Jeder von uns weiß, dass Krebszellen auf Dauer den Körper zerfressen und die Krankheit sehr oft (auch wenn es häufig erst nach Jahren passiert) tödlich ausgeht. Ümit Özat kann zwar seinen Beruf und seinen Lieblingssport nicht mehr ausüben, aber seine Zukunft mit seinen Kindern ist insofern gesichert, dass er eben ein normales Leben führen kann. Das ist genau das, worum Velyky immer noch kämpfen muss. Und noch immer ist nicht sicher, dass er diesen Kampf so schnell gewinnt.
Ich persönlich wünsche Oleg Velyky alles Gute und Gottes Segen für diesen Kampf. Und Ümit Özat sage ich "güle güle!". Es war schön, deine Karriere über die Jahre bei Fenerbahçe und in Köln zu verfolgen. Und meiner Meinung nach hast du die richtige Entscheidung getroffen.

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